Geschichte des Strohballenbaus

Die Geburtsstunde des Strohballenbaus liegt gegen Ende des 19. Jahrhunderts. In den 1890er Jahren wurden in den USA die ersten praxistauglichen Strohballenpressen entwickelt, -begünstigt durch die Weigerung der Eisenbahngesellschaften, loses Stroh und Heu zu transportieren. In der Gegend von Nebraska und umliegenden US-Bundesstaaten gab es in der Zeit kaum verfügbare Baumaterialien für die Siedler, aber einen starken Bedarf an Wohnraum für Neuankömmlinge.

                 Nebraska 1900-14

In anderen Regionen gab es meist Holz, Lehm oder leicht zu bearbeitende Natursteine. Als nun die ersten gepressten Strohballen auf dem Acker lagen, war für die meist aus Europa stammenden Siedler die Idee, diese als Mauerziegel zu verwenden, sehr naheliegend, zumal sie sogar in etwa dieselben Seitenverhältnisse hatten, bzw. noch haben, wie alte Vollziegel. So begannen die Menschen die Strohballen wie Mauersteine im Verbund zu mauern.  Dach, Türen und Fenster wurden in Holz gebaut. Erst sollten die so errichteten Gebäude nur ein Provisorium sein, doch als dann die Bewohner ihre zuerst unverputzten Häuser zum Verputzen begannen, stellte sich heraus, dass es durchaus auch als Dauerlösung funktionierte. Die meisten historischen Strohbauten in den USA entstanden zwischen 1915-30. Einige dieser Häuser stehen sogar heute noch unversehrt!

                  Nebraska 1928

Während und direkt nach dem 2. Weltkrieg gab es auch in Europa eine kurze Phase, in der Strohballen im Hausbau eingesetzt wurden. Am bekanntesten aus dieser Zeit sind etliche Gebäude in Frankreich und den Niederlande.

Aufgrund ihrer Herkunft wird die lasttragende Bauweise auch Nebraska-Stil genannt.

Mit der aufkommenden Chemieindustrie, die sich mehr und mehr den Bausektor mit einem Monopolanspruch zu erobern begann, geriet der Strohballenbau, -wie auch andere natürliche Baustoffe und Bauweisen, etwas in Vergessenheit und galt zum Teil auch als „Arme-Leute-Bauweise“.

Zu Beginn der 1980er Jahre fand diese Bauweise durch Pioniere wie David Eisenberg, Matts Myhrman oder das Ehepaar Steen eine Wiederentdeckung und einen starken Boom in den USA. Alte Techniken wurden wieder aufgegriffen und weiter entwickelt. Sehr begünstigt wurde die Aufnahme und Verbreitung auch durch die amerikanische Tradition der „Owner Builder“. Seit Generationen bauen viele Amerikaner ihre Häuser selber und haben auch heute noch baurechtlich mehr Möglichkeiten als in Europa. Die USA ist eines der wenigen Ländern, die eine eigene Bauverordnung zur lasttragenden Strohbauweise haben.

Nach Europa kam diese Bauweise zu Beginn der 90er Jahre. Länder, in denen der Strohballenbau eine relativ schnelle Akzeptanz (auch baurechtlich) erfuhr, sind die Britischen Inseln, aber auch Holland, Frankreich und Dänemark. Deutschland, Österreich und die Schweiz haben mittlerweile ebenfalls eine rege Strohballenbauszene, die im Begriff ist sich immer besser zu organisieren und zu professionialisieren. In den meisten Ländern gibt es mittlerweile Strohhändler, die zertifizierte Baustrohballen liefern, womit sich auch die baurechtliche Situation deutlich vereinfacht hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern wird in Österreich und Deutschland Strohballen im Hausbau überwiegend mit Holzständerkonstruktion verbaut. Hier kommen dann überwiegend Kleinballen, stehend oder liegend zum Einsatz. Wenn lasttragend gebaut wird, kommen mehrheitlich Jumboballen zum Einsatz, seltener die klassichen Kleinballen.